Der römische Brunnen

 

Die Ich-Erzählerin Veronika, die als Fünfzehnjährige kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei ihrer Großmutter in Rom aufwächst, stellt dar, wie sie dort zwischen verschiedenen geistigen Strömungen steht: dem heidnischen und dem christlichen Rom. So begegnen ihr das klassisch-humanistische Heidentum der Großmutter, die ganz der vergangenen Größe Roms verbunden ist, und das anarchische Heidentum des jungen expressionistischen Dichters Enzio, der in der Kunst glaubt Heil und Erlösung zu finden. Daneben erfährt Veronika, die wegen ihres Einfühlungsvermögens „Spiegelchen“ genannt wird, das christliche Rom. Da ist ihre Tante Edelgart, Repräsentantin für ein erstarrtes und fehlgeleitetes Christentum, die sich mit ihrer bigotten und halbherzigen Frömmigkeit erst nach langen inneren Kämpfen zu einer religiösen Entscheidung durchringen kann. Da ist Jeanette, die, nach dem Urteil Veronikas, eine wirkliche Christin ist. Und da ist schließlich die Stadt Rom selbst, das antike und das christliche. Der Roman endet damit, dass Veronika nach dem Tod von Großmutter und Tante zu ihrem Vormund nach Heidelberg übersiedelt, wo sie nach dem Ersten Weltkrieg, nunmehr konfrontiert mit den geistigen Strömungen dieser Zeit, ihr Studium aufnimmt. „Der Römische Brunnen“ ist Gertrud von le Forts Antwort auf die damalige Bildungsdiskussion, auf die Identitäts-, Orientierungs- und Kulturkrise seit der Jahrhundertwende: Die junge Veronika ist auf der geistigen und seelischen Suche nach Orientierung und nach sich selbst.

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